Rongorongo (Osterinselschrift)

Herkunft / Verwendung: Rongorongo (dt. Gesang, Rezitation, Vortrag) nennt man die einzigartige Schrift der Osterinsel. In Ozeanien hat sich nur auf dieser abgelegenen Insel ein Schriftsystem entwickelt. Es steht völlig isoliert und ist mit keiner anderen Schriftart der Erde vergleichbar. Bis heute ist sie nicht entziffert, obwohl es einige Ansätze zur Deutung gibt.

Die Schrift diente ausschließlich den Zwecken einer religiösen und machtpolitischen Elite. In Polynesien wurden Traditionen – und in einer streng hierarchischen Gesellschaftsordnung verstand man darunter vorwiegend Regeln, Riten und Herrschaftsgenealogien – in Form von Rezitationen und rituellen Gesängen weitergegeben. Die Rongorongo-Schrift war also eine Gedächtnisstütze für eingeweihte Rezitatoren, um Gesänge von religiöser Bedeutung fehlerfrei vortragen zu können. Mit Ausnahme der Osterinsel ist in Polynesien dieser Entwicklungsschritt jedoch nirgendwo sonst vollzogen worden.

Die Schrifttafeln zeigen in Reihen angeordnete Glyphen, die menschliche Figuren, anthropomorphe oder zoomorphe Wesen, Tiere, Pflanzen, Körperteile, grafische Symbole und Gegenstände des täglichen Gebrauches darstellen. Bei den meisten Zeichen sind die Vorbilder in der Natur noch zu erkennen, andere sind bereits weitgehend abstrahiert.

Gelesen wird in Zeilen von links nach rechts und von unten nach oben. D.h. der Leser beginnt links unten und liest die unterste Zeile von links nach rechts.

Das gesamte überlieferte Schrifttum umfasst lediglich rund 14.000 Zeichen. Die Schrift besteht aus insgesamt 600 Symbolen, die sich jedoch auf 120 Grundbestandteile reduzieren lassen, die als Bauelemente Verwendung finden. Der deutsche Ethnologe und Hochschullehrer Thomas Barthel (1923-1997) hat diese Zeichen erfasst, katalogisiert, in Gruppen eingeteilt und eine statistische Auswertung vorgenommen. Seine Gruppierung und Kodierung mit dreistelligen Zahlen ist im Prinzip heute noch gültig, obwohl andere inzwischen Verfeinerungen und Ergänzungen dieses Systems vorgenommen haben: Zeichen 001–099 grafische Symbole, Pflanzen, Objekte der Natur Zeichen 100–199 seltene geometrische Formen und Personifizierungen Zeichen 200–299 anthropomorphe Figuren, Kopf in Vorderansicht Zeichen 300–399 anthropomorphe Figuren, Kopf in Seitenansicht Zeichen 400–499 Kopf in Seitenansicht auf diversen Körperformen und Gestalten mit Pantomimik Zeichen 500–599 besondere Kopfformen Zeichen 600–699 Vogel-Gestalten Zeichen 700–799 sonstige Tierformen Beispiele für Zeichen:




Quellen und weiterführende Links

Wrixon, Fred B.: Codes, Chiffren & andere Geheimsprachen, Könemann Verlag 2000, S. 554
Wikipedia Artikel zu Rongorongo