Grande Chiffre
Kategorisierung: | Kodierungen / zahlenbasiert |
Herkunft / Verwendung: |
![]() Die Grande Chiffre ersetzte Silben, aber auch Buchstaben und einzelne, häufige Wörter durch dreistellige Nummern-Codes und wendete einige weitere Tricks an wie Homophone und Blender (überflüssige Zeichen, die verwirren sollen). Es gab sogar ganze Sätze mit unsinnigem und fehlleitendem Inhalt, der nur dadurch zu erkennen war, dass er durch einen besonderen Code eingeleitet wurde. Zu der Zeit der Grande Chiffre war es normalerweise üblich, die Codezahlen der Nomenklatoren aufsteigend dem alphabetischen Klartext zuzuordnen, so konnte man gut nach Klartext und nach Codes im selben Nomenklator suchen und kam man mit einem Übersetzungsteil auskam. Rosignol aber erhöhte die Sicherheit, indem er die Codenummern zufällig vergab. Das machte natürlich auch einen zweiten Teil für die Rückübersetzung nötig, in dem die Codezahlen aufsteigend mit ihrer Klartextentsprechung verzeichnet waren. Grundlage für die Sicherheit der Grande Chiffre war absolute Geheimhaltung, denn das System beruhte nicht auf einem variablen Schlüssel, und jeder, der den Nomenklator besaß, konnte alle damit kodierten Dokumente entziffern. Aus diesem Grund drohte jedem die Todesstrafe, die unerlaubt eine Kopie besaß. Nach dem Tode des Königs und Antoines Enkel geriet die Große Chiffre in Vergessenheit und die damit verschlüsselten Dokumente konnten nicht mehr gelesen werden. Erst um 1890 gelang dem französischen Kryptoanalytiker Étienne Bazeries die Entzifferung der Großen Chiffre in 3-jähriger Arbeit. Damit konnten eine Reihe von Geheimdokumenten aus der Zeit Ludwig XIV. wieder lesbar gemacht werden, was den Historikern interessante Einblicke in die damaligen Verhältnisse erlaubte. Unter anderem fand man einen verschlüsselten Brief an den General Catinat vom 24. August 1691, dessen von Bazeries ermittelter Klartext als möglicher Beleg dafür gilt, dass es sich bei dem Mann mit der eisernen Maske um General Vivien Lallé de Bulonde handeln könnte, der nach Ansicht des Königs bei der Belagerung von Cuneo im Piemont aus Feigheit den Feldzug gefährdet hatte. David Kahn ist andererseits der Auffassung, dass Bazeries' Identifizierung des Wortes Maske wahrscheinlich falsch ist (es gab nur 587 Code-Wörter, und die fraglichen tauchten nur einmal auf), worauf schon der französische Kryptologe Soudart in seinem Buch 1935 hinwies. Leider konnte Kahn die fragliche Korrespondenz im Militärarchiv von Vincennes nicht mehr finden.1 |
Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links
1 Kahn, David: Cryptologia Vol. 29, 2005Schmeh, Klaus: Die Welt der geheimen Zeichen, W3L 2004, S. 23
Pincock, Stephen und Frary, Mark: Geheime Codes, Ehrenwirth 2007, S. 59
Singh, Simon: Geheime Botschaften, Hanser Verlag 2000, S. 77
Franke, Herbert W.: Die geheime Nachricht, Umschau Verlag 1982, S. 22