Alphabetum Kaldeorum Geheimschrift

Herkunft / Verwendung: Das Alphabetum Kaldeorum ist eine der bekanntesten Geheimschriften des Mittelalters. Der Name verweist auf das Volk der Chaldäer, dem man geheimnisvolles und magisches Wissen nachsagte.

Heute wird eine vollständige Fassung des Alphabetum Kaldeorum in einer Handschrift aus dem Jahre 1428 in der Universitätsbibliothek München (Cod. 4º 810, fol. 41v) aufbewahrt. Die Ursprünge der Geheimschrift sind aber noch älter als 1428.

Das Alphabetum Kaldeorum war wohl in erster Linie zur Verschlüsselung diplomatischer Korrespondenz gedacht. Entsprechend seiner Zeit und dem damals verwendeten lateinischem Alphabet fehlen Buchstaben gesehen zum heute gebräuchlichen Alphabet. Das J wurde wie ein I geschrieben, das U wie ein V und ein W als zwei V hintereinander (VV).

Ein Beispiel für die Verwendung des Alphabetum Kaldeorum ist die Grabplatte von Herzog Rudolf IV. von Österreich (1339-1365) im Wiener Stefansdom, die dessen Namen und Titel wiedergibt. Es heißt, der Herzog sei ein Liebhaber vom Geheimschriften gewesen. Es ist gut möglich, das Rudolf IV. Urheber der Geheimschrift ist. Dieser soll gesagt haben, dass die Zeichen indischer Herkunft sein sollen, wobei die Schrift in Wahrheit aber mit keiner in Indien gebräuchlichen Schrift verwandt zu sein scheint; vielleicht hat sich Rudolf IV. bei der Kreation von indischen Einflüssen inspirieren lassen.

Die Grabplatte von Herzog Rudolf IV. von Österreich wird im folgenden als Variante 1 bezeichnet, die Handschrift aus dem Jahre 1428 (in der Universitätsbibliothek München) als Variante 2. Beide Varianten sind im Prinzip homophone Chiffren, aus Verinfachungsgründen wurde für Variante 1 aber nur jeweils ein Zeichen für einen ursprünglichen Buchstaben verwendet. Variante 2 ist allerdings mit allen kompletten Ersetzungszeichen vorhanden.

Für Variante 1 sind die damals nicht verwendeten Buchstaben bereits durch die entsprechenden Symbole ersetzt; bei Variante 2 geschieht dies direkt vor der Kodierung. Für die Dekodierung sollte man wissen, dass das Zeichen für I auch ein J bedeuten kann, das Zeichen für U auch für ein V stehen kann, und zwei aufeinander folgende Zeichen für U auch ein W bedeuten kann.

Übersetzung der Geheimschrift / Geheimzeichen

Variante 1 (Rudolf IV. von Österreich)



Variante 2 (Handschrift von 1428)*



* nach einer Übersichtstabelle von Heiko Hahn (CC BY-SA 3.0)

Beispiele

Variante 1 (Rudolf IV. von Österreich)

Klartext:almechtiger got und gewaltiger herr jesus christus ein schepher
Kodiert:
Zum Vergleich:

Variante 2 (Handschrift von 1428)

Klartext:almechtiger got und gewaltiger
Kodiert:

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Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links

Meister, Aloys: Die Anfänge der modernen diplomatischen Geheimschrift, Schöningh Verlag Paderborn, 1902, S. 11