Prinzessin-ABC Schrift
Kategorisierung: | Kodierungen / schriftbasiert |
Siehe auch: | Kobold ABC, Kabouter ABC, Birkenbihlsche Geheimschrift, Gnommish Schrift aus Artemis Fowl |
Herkunft / Verwendung: |
E s war einmal eine französische Prinzessin im Siebzehnten Jahrhundert, die wollte einen Brief schreiben an einen guten Freund, vom Stande her eine nicht geringere Person als sie selbst. Der gefiel der Prinzessin wohl sehr. Doch was der Brief enthalten sollte, das war geheim und nicht für jedermanns Augen bestimmt. Und so kam sie auf die Idee, die geheime Botschaft in kleinen Zeichnungen zu verstecken. Also rief sie den Hof-Zeichner zu sich und gab ihm den Auftrag, vierundzwanzig kleine Bildchen zu zeichnen. Als der Zeichner fertig war, so ordnete die Prinzessin jedem Buchstaben des Alphabetes ein Bildchen zu, ganz wie ihr es gefiel. Später dann lies sie den Zeichner eine Kopie von den 24 Bildchen anfertigen, die die Prinzessin mit den zugeordneten Buchstaben überschrieb und die sie ihrem werten Freund durch eine gemeinsam bekannte und vertrauenswürdige Person überbringen ließ. Ab da korrespondierte die Prinzession wichtige Botschaften mit ihrem Freund immer über dieser von ihr selbst ersonnenen Kode. Und jedesmal musste der arme Zeichner am Hofe alle Buchstaben des Briefes auf Diktat einzeln in Bildchen umsetzen und wehe, diese waren nicht so schön gezeichnet, wie es einer Prinzession geziemte... ~ ~ ~ ~ ~ So oder ähnlich könnte ein Märchen beginnen, aber ich hier so dichterisch erzählt habe, hat sich wirklich zugetragen. So beschrieben von Johannes Balthasar Friderici in seinem Buch 1685 erschienenen Buch Cryptographia (oder etwas langatmiger "Cryptographia oder geheime Korrespondenz welche lehrmäßig vorstellet eine hochschätzbare Kunst verborgene Schriften zu machen und aufzulösen"). Und zwar in Kapitel XXII. unter dem Titel "Eine heimliche Schrifft zu machen die aus allerhand gemahlten Figuren bestehet.". Ich möchte es aber einprägsamer "Prinzessin-ABC" nennen, weil es eben von einer französischen Prinzessin stammt. So schreibt Friderici: Der Clavis mit beigefügtem Exempel, welches vor etlichen Jahren eine vornehme Prinzessin in Frankreich an eine nicht geringere Person geschrieben, ist auf nebenstehenden Kupfer-Blatte zu sehen. Es lautet aber das Geheimis also: "Trouvez vous cete apres dinée à nôtre rendez vous ordinaire, si vouslez que nous foyons l'un à l'autre.""Trouvez vous cette apres dinée à nôtre rendez vous ordinaire, si vouslez que nous foyons l'un à l'autre." meint auf deutsch übrigens soviel wie "Stellen Sie sich nach dem Abendessen bei unserem regelmäßigen Treffen bei mir vor, wenn Sie denken, dass wir uns einander näher kennenlernen sollten." (frei übersetzt). Eine Übersetzungstabelle und ein Beispiel gibt Friderici ebenfalls in seinem Buch an. Friderici ordnet das Prinzessin-ABC wohl als eine Methode der Steganografie ein, da er es ebenfalls in seinem Buch über verborgene Schriften aufgeführt, aber ich finde die Wiederholung von immer denselben Bildchen viel zu auffällig, um nicht Verdacht zu erregen. Übrig bleibt eine einfache monoalphabetische Substitution, bei der jeder Buchstabe durch ein Symbol ersetzt wird. So etwas lässt sich leicht knacken, wenn man sich die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Buchstaben in einer Sprache anschaut. So ist der häufigste Buchstabe E und das häufigste Zeichen im Beispiel-Dokument das Herz, was dann auch wirklich dem E entspricht. So übersetzt man mit ein wenig probieren und Geduld ein Bildchen nach dem anderen in einen Buchstaben, bis man den kodierten Text entschlüsselte hat. |
Übersetzung der Buchstaben / Geheimzeichen
Von Friderici aufgeführtes Beispiel
Dekodierung des historischen Beispiels, die ersten Wörter:
Die komplette Dekodierung überlasse ich dem geneigte Leser und Verwendung des unten stehenden Decoder-Tools.
Kodierungs-Beispiel
Klartext: | Beispieltext |
Kodiert: |
Code / Chiffre online dekodieren / entschlüsseln bzw. kodieren / verschlüsseln (Decoder / Encoder / Solver-Tool)
Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links
(1) Friderici, Johannes Balthasar: Cryptographia, Rebenlein 1685, S. 191