Altdeutsche Zahlen / mittelalterliche Ziffern
Kategorisierung: | Kodierungen / Zahlen in fremden Schriften |
Siehe auch: | Römische Zahlen, Brahmi-Zahlen, Hindi-Zahlen, Indische Zahlen, Persische Zahlen |
Herkunft / Verwendung: |
Die heutige in Deutschland, Europa und überall auf der Welt üblichen arabischen Ziffern 0, 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 wurden erst im 16. Jahrhundert eingeführt. Die Gestaltung geht dabei auf Albrecht Dürer (1471 bis 1528) zurück. Davor hat man im 15. und 16. Jahrhundert (ca. 1450 bis 1550) im deutschen Raum eine Abwandlung der Indischen Zahlen benutzt, und zwar einer Abwandlung aus einer Mischung von Östlichem Arabisch-Indisch (Persisch und (Urdu) und der Devanagari Schreibweise. Die Abwandlung bestand häufig daraus, die Zahlen auf den Kopf zu stellen. Diese abgewandelte Schreibweise möchte ich "altdeutsche Ziffern nennen". Sie ist bereits auf der Zahlenbasis 10 begründet, wie sie heute noch üblich ist. Sie wurde durch den arabischen Mathematiker Al-chwarizmi begründet, der diese im Jahre 820 in seinem Lehrbuch veröffentlichte und sie "neue indische Ziffern" nannte. Davor benutzte man das römische Zahlensystem mit seinen Ziffern und entsprechender Schreibweise. Die indischen Ziffern (in Europa auch als indisch-arabische Ziffern oder umgangssprachlich arabische Ziffern bekannt) sind eine Zahlschrift, in der Zahlen auf der Grundlage eines Dezimalsystems mit neun aus der altindischen Brahmi-Schrift herzuleitenden Zahlzeichen und einem eigenen, oft als Kreis oder Punkt geschriebenen Zeichen für die Null dargestellt werden. Zusammen macht das zehn Ziffern. Als indische Ziffern im engeren Sinn bezeichnet man in heutiger deutscher Fachsprache zunächst nur die in Indien selbst entstandenen und gebrauchten Ausprägungen dieser Zahlschrift, in einem weiteren Sinn auch deren Adaptionen in anderen Schriftkulturen, soweit sie auf direktes indisches Vorbild zurückgehen. Hierzu zählen auch die im frühen Mittelalter nach indischem Vorbild entstandenen arabischen oder indisch-arabischen (auch indo-arabisch oder hindu-arabisch genannten) Ziffern, die ihrerseits seit dem zwölften Jahrhundert (mit Vorläufern seit dem zehnten Jahrhundert) von der lateinischen und griechischen Schriftkultur Europas adaptiert wurden und sich von Westeuropa aus in ihrer seit dem Spätmittelalter vereinheitlichten Schreibform durch den Buchdruck als heute weltweit vorherrschender oder neben lokal dominierenden anderen Zahlschriften zumindest weithin voraussetzbarer Standard etablierten. Die heutigen zehn Ziffern, die wir in der westlichen Welt benutzen und die weltweit verbreitet sind und als arabische Ziffern bezeichnet sind, gehen also auf die alte, indische Schreibweise zurück. Schon im alten Indien wurden Ziffern von links nach rechts geschrieben und nicht wie sonst im arabischen üblich von rechts nach links. Auch in arabischen Texten werden die Ziffern von links nach rechts geschrieben. Die "altdeutsche" Schreibweise wurde, eben im 15. und 16. Jahrhundert, häufig zur Schreibung von Jahreszahlen benutzt und sind etwa als Erbauungsjahr an alten Hausfassaden oder auf Sühnekreuzen zu finden. Oft mit dem Zusatz "ad." für "anno domini", also "Im Jahre des Herren", was für die christliche Zeitrechnung steht, die heute noch üblich ist. |
Entwicklung der arabischen Ziffern

Aus Carl Faulmann: Buch der Schrift, Wien 1880 (von oben nach unten: Nesxi, Gobar, Syakat; ohne Dekoder):

1 2 3 4 5 6 7 8 9
Spezifikation
Schreibweisen zum Vergleich:
Arabisch-indisch:
Östliches Arabisch-Indisch = persisch und Urdu:

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Devanagari:

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Tamil:

Altdeutsche / mittelalterliche Schreibweise


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Beispiele und Abwandlungen
Die altdeutsche Schreibweise war nicht immer hundertprozentig mit einer der obigen übereinstimmend. Zu dieser Zeit wurde noch mit der Hand geschrieben (oder graviert und in Stein gemeißelt) und es gleicht keine Handschrift der anderen. Zudem variierten die Zahlzeichen je nach Kulturkreis und Region. Außerdem war es oft einander, gerade beim Arbeiten in Stein, gerade Striche statt Kurven zu benutzen. So ähnelt zum Beispiel die 2 häufig einem Z.Darum ein nachfolgend ein paar Beispiel zum Vergleich:
Beispiel | Zahl | Fundort, Quelle |
---|---|---|
![]() | 1450 | Bacharach am Rhein |
![]() | 1625 | Sautreibermarterl bei Heinersreuth bei Kirchenthumbach |
![]() | 1662 | Sühnekreuz von Eggerding bei Schnaitsee |
![]() | 1581 | Sandsteinkreuz in der evangelischen Georgskirche in Aplerbeck |
![]() | 1563 | Kaiserburg Nürnberg |
![]() | 1496 | St. Michael Kirche in Lohr |
![]() | 1497 | Die Zahl Vier |
![]() | 1488 | Die Zahl Vier |
![]() | 1682 | Fachwerkhaus Kleiner Markt 13 in Montabaur |
![]() | 1499 | Veste Oberhaus / Veste Niederhaus an der Donau bei Passau |
![]() | 1476 | Stadtkirche-Pappenheim |
Schreibweise von Jahreszahlen im 10. bis 13. Jahrhundert in Europa
Noch ältere Verwendungen von Jahreszahlen (10. bis 13 Jh.) haben dann wieder Anleihen an der tamilischen Schrift. Hier die Verwendung von arabischen Ziffern anhand von Beispielen in abendländischen Werken von 976 (Codex Vigilanus) bis zum beginnenden 13. Jahrhundert:
Beispiel altdeutsche Ziffern
Klartext: | 1234567890 |
Kodiert indisch-arabisch: | ![]() |
Kodiert Persisch: | ![]() |
Kodiert Devanagari: | ![]() |
Kodiert Altdeutsche Zahlen Variante 1: | ![]() |
Kodiert Altdeutsche Zahlen Variante 2: | ![]() |