Werftschlüssel Chiffre / Reservehandverfahren

Herkunft / Verwendung: Der Werftschlüssel (auch Reservehandverfahren, R. H. V. Allgemein und Offizier) war ein während des zweiten Weltkriegs von der deutschen Marine eingesetztes Handschlüssel-Verfahren mit Bleistift und Papier, dass benutzt wurde, wenn eine Enigma nicht verfügbar war, wie auf kleineren Begleit- und Hafenschiffen. Die Enigma war nur für U-Boote verpflichtend und sonst auf eher größeren Schiffen vorhanden. Wollten größere Schiffe mit kleineren verschlüsselt kommunizieren, so kam ebenfalls dieses Verfahren zum Einsatz.

Das Verfahren wurde von Mai 1940 bis zum Kriegsende eingesetzt. Auch der Werftschlüssel wurde im Bletchley Park analysiert und geknackt. Da manche Nachrichten von großen Schiffen sowohl per Werftschlüssel (an kleinere Schiffe) als auch per Enigma verschlüsselt und gesendet wurden, spielte dies den Allierten in die Hände, die dadurch an Klartexte (durch Knacken des einfacheren Werftschlüssel-Chiffrats) für die Enigma kamen, was das Knacken dieser viel sichereren Maschine wesentlich vereinfachte.

Beschreibung des Verfahrens

Zentrales Element der Verfahrens waren die sogenannten Doppelbuchstabentauschtafeln. 20, später 30 dieser Tafeln fanden sich nummeriert in einem zweimonatlich (später monatlich) ausgegebenen Schlüsselheft. Ein sogenannter Tauschtafelweiser gab vor, an welchem Tag welche Tafeln zu verwenden waren.

Jede dieser Tafeln enthielt eine Auflistung aller möglichen 676 (26 mal 26) Bigramme, sprich Doppelbuchstaben und eine Ersetzung dieser durch ein anderes Buchstabenpaar, z. B.: AA=UM. Das Besondere an diesen Tafeln war, dass sie in beide Richtungen, also für das Ver- als auch das Entschlüsseln funktionierten, also involutorisch waren. Dem Beispiel entsprechend war also auch UM=AA. So brauchte man nur eine Tabelle auszugeben und sparte Druckkosten. Allerdings ist dies auch eine Schwäche des Verfahrens (die es übrigens so ähnlich auch in der Enigma gibt, dort können Ein- und Ausgabebuchstabe nicht gleich sein).

Sicher haben die Deutschen es gut gemeint und hatten ein "Gefühl" von mehr Sicherheit, in dem sie auch ausschlossen, dass die Buchstaben in den ursprünglichen Bigrammen in den ersetzten wiederholt werden (AB kann also z. B. nicht zu AA, AB, AC, ..., BA, BB, BC... werden), generierten damit aber im Grunde nur eine Eingrenzung der Schlüsselraumes und machte den Kryptoanalytikern die Arbeit leichter. Diese irrige Denkweise, ja nichts zu wiederholen, schien den Deutschen inne zu wohnen, den sie verfuhren ähnlich bei der Enigma, bei der sich Buchstaben eines Tagesschlüssels nicht am Folgetag wiederholten durften.

Zu dem Doppelbuchstabentausch (technisch ausgedrückt eine monoalphabetische bigraphische bipartite Substitution) kam noch eine Transposition, mit der begonnen wurde. In einem speziellen Formular mit 5 Spalten (Reservehandverfahren: 4 Spalten), "Kastenwürfel" genannt, wurde der Klartext in der für die Zeilenanzahl angegebenen Reihenfolge eingetragen. Sie soll für unser Beispiel 1, 3, 5, 2, 4, 6 sein.

Der Text "KEINE BESONDEREN VORKOMNISSE" würde folgendermaßen verteilt: 1 KEINE (1) 2 VORKO (4) 3 BESON (2) 4 MMNIS (5) 5 DEREN (3) 6 SE (6) Dann wurden jeweils zwei übereinstehende Buchstaben als Bigramm zusammengefasst und ersetzt. Für jede der 5 Spalten wurde eine andere Doppelbuchstabentauschtafel benutzt. Für das Beispiel wollen wir der Einfachheit halber aber immer dieselbe Tauschtafel benutzen (Tafel C wie in den beiden Abbildungen rechts). K E I N E KV=TC EO=XS IR=EK NK=HD EO=XS T X E H X V O R K O C S K D S B E S O N BM=CT EM=KK SN=IP OI=LN NS=YM C K I L Y M M N I S T K P N M D E R E N DS=FE EE=ZC RX=KM EX=VA NX=RB F Z K V R S E X X X E C M A B Der Geheimtext lautet also TXEHX CSKDS CKILY TKPNM FZKVR ECMAB.

Die Entschlüsselung erfolgt dank der Involutorität mit denselben Tabellen auf diese selbe Art.

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Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links

Schmeh, Klaus: Codeknacker gegen Codemacher, W3L 2008, S. 49
Scan der Reservehandverfahren Anleitungen und Erklärungen von Michael Hörenberg